Ein Oberwolf erzählt
Werner Freund präsentierte sein Buch in der Stadthalle
Freund Werner: Wolf unter Wölfen.
Ein Leben als Mensch im Wolfsrudel.
1999. ISBN: 3-89440-330-6, KNO-NR: 7 95 58 37
Erschienen im NATURBUCH VERLAG
Lebach (ruf). "Ich bin selbst ein Wolf unter Wölfen
geworden" - Solche Worte wirken ungewöhnlich. Nicht umsonst sind die
Meinungen über Werner Freund gespalten: Von den einen als Spinner abgetan,
wird er von anderen als bedeutendster Verhaltensforscher seit Konrad Lorenz
gehandelt. Was am Mythos des Wolfsmenschen wirklich dran ist, darüber
konnte man sich in der Lebacher Stadthalle ein Bild machen. Manfred
Queißer begrüßte einen echten Naturmenschen, denn Werner
Freund war Gast in der Theelstadt, um sein neuestes Buch "Wolf unter
Wölfen" vorzustellen. Zum vierten Mal hat der Forscher und Abenteurer
aus Merzig zur Feder gegriffen, um seine Erfahrungen und Erlebnisse aus den
letzten 26 Jahren zu schildern. Insgesamt 58 Wölfe haben er und seine Frau
Erika in dieser Zeit im Merziger Kammerforst aufgezogen.
An den Tieren
interessiert mich vor allem eines: Wer ist das, der Wolf", berichtet
Freund den 40 Zuhörern. Daher lebe er derzeit mit 24 indischen,
europäischen, arktischen und kanadischen Wölfen in vier Rudeln
zusammen. Als "Oberwolf" kümmere er sich um das Futter seiner
wilden Freunde und werde von ihnen als Chef akzeptiert. Die Wurzel seines
Erfolges: "Ich füttere sie schon als Welpen und präge sie
dadurch von Geburt an an mich." Früher sei er 17 Jahre lang Bär
gewesen. "Heute bin ich an die wölfischen Gesetze gebunden."
Schmunzelnd vergleicht er auch den Menschen mit seinen Lieblingen: "Wir
sind auch Rudeltiere, nur eben entartete, überzüchtete
Supermarktraubtiere." Die Besucher der Stadthalle hatten tausend Fragen an
den Wissenschaftler aus Merzig. Ob er denn keine Angst habe, irgendwann
totgebissen zu werden? Keineswegs, denn er kenne die Spielregeln und stehe
stets im Schutz des Rudelführers, des Alpha-Wolfes. "
Das ist einfach
beeindruckend, wie sich ein Mensch in solcher Weise unter Tieren integrieren
kann", urteilt Holger Müller vom Hoxberg.
"
Ich könnte das nicht, das ist mir viel zu gefährlich",
meint die 45jährige Ursula Klein aus Eiweiler. Wenn sie daran denke,
täglich scharfen Raubtierzähnen und Krallen zu begegnen, jage es ihr
Schauer über den Rücken. Elmar und Anneliese Wagner aus Lebach
wollen Freund auf jeden Fall einmal in Merzig besuchen. "Das können
wir uns nicht entgehen lassen." Um sein Lebenswerk deutlich vor Augen zu
führen, hatte Werner Freund einen Film mitgebracht. Staunende Augen
beobachteten das Leinwand-Geschehen der Merziger Wölfe. Der
Verhaltensforscher kommentiert: "
Es war Liebe auf den ersten Blick."
Gehe er in eines seiner vier Rudeln, müsse er stets seine Kleidung
wechseln.Sonst werde er angegriffen. "Wer bei Wölfen nicht Freund
ist, der ist Feind."
Jeden ersten Sonntag im Monat um 16 Uhr hält Werner
Freund in seiner Forschungsstation einen Vortrag über seine Arbeit.
Besucher lädt er dann zu einem Rundgang an den Gehegen vorbei ein. Und
wenn man abends ganz still ist, hört man vielleicht das Heulen des
Wolfsmenschen mit seinen vierbeinigen Gefährten durch den nächtlichen
Himmel schallen.
(Saarbrücker Zeitung v. 25.3.1999)
(Bilderquelle: Alle hier verwendeten Bilder entstammen dem Buch: "Wolf unter Wölfen" v. W. Freund)
Zurück zur Hauptseite