Polnischer Wolf verliebte sich
in Brandenburger Schäferhündin.
Sie schwanger

Von UWE STEINSCHEK


Anmerkung: Mehr vom polnischen Wolf siehe auch unter Zeitungsartikel I


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Der betäubte Lover: verschnürt und fertig für den Transport nach Eberswalde
Fotos: Matthias Forchtmann, Walter Becher

Berlin/Brandenburg - Junge Dame aus gutem Hause verliebt sich in vagabundierenden Hallodri: Der Stoff aus dem Romanzen sind - offenbar auch für Hund und Wolf.

Der große Graue war aus Polen über die Oder gekommen und verliebte sich in "Xena", die Schäferhündin von Uwe Stahl aus Ossendorf (Landkreis Oder-Spree).

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Der Wolf hat ihr den Kopf verdreht: Schäferhündin Xena
"Wir bemerkten den Wolf, als ich abends mit Xena unserer Runden drehte", berichtet Stahl. Der Mann aus Ossendorf fuhr langsam im Jeep, "Xena" trottet voraus. Plötzlich tauchte dann der leise Lover auf. Das war vergangenen Sonnabend. "Er war verletzt. Die rechte Hinterpfote fehlte. Das Tier bewegte sich dennoch sehr flink."

Blickkontakt zwischen Hund und Wolf. Er: stattliche 49 Kilo, 168 Zentimeter Meter von Kopf bis Fuß. Sie: knackige drei Jahre jung. Zaghaftes Schnüffeln auf beiden Seiten. Stilles Einverständnis zwischen beiden. Dann lockte der graue Schlingel seine Hundedamen-Eroberung in die Dunkelheit.

Hoppla, und was ist dann passiert? Müssen wir etwa in rund zwei Monaten mit einem Wurf Wölflein rechnen?

Uwe Stahl ist etwas ratlos: "Ich habe keine Ahnung. So nahe war ich nicht dran."

Die Dates zwischen "Xena" und ihrem grauen Liebhaber zogen sich über fünf Tage hin.

Er tauchte immer aus der Dunkelheit auf, wenn sie mit ihrem Herrchen Gassi ging.

Dann der Romanze bitterer Schluss - ein Schuss. Den feuerte Tierarzt Matthias Matzke aus seinem Narkosegewehr ab. Uwe Stahl hatte ihn alarmiert.

"Wir mussten den Wolf fangen. Er war verletzt und verletzte Wölfe bevorzugen leichte Beute, also Haustiere", erklärt Prof. Matthias Freude, Chef vom Landesumweltamt Brandenburg. Jetzt erholt sich der graue Lover im Zoo von Eberswalde. "Vielleicht besuchen wir ihn. Wenn's erlaubt ist mit Xena", sagt Uwe Stahl.


(Quelle: BZ-Berlin v. 29.1.2000)

Die Romanze von Xena und dem Wolf

Erwartet die Schäferhündin Nachwuchs vom Wolf? -
Hundehalterin würde die Welpen nicht aufziehen

Von Arne Binz

Verlieber WolfOssendorf - Xena liegt ausgestreckt neben dem Sessel und blinzelt zu den fremden Besuchern hinauf. Manchmal stellt sie ihre Ohren auf und knurrt leise vor sich hin.

Noch gestern abend war die knapp dreijährige Schäferhündin zum «Rendevouz» am Waldrand hinter Ossendorf. Doch ihr Verehrer hatte sie versetzt. «Sie war traurig und sogar ein bisschen aggressiv», erinnert sich Tamara Stahl. «Offensichtlich hat sie gewartet.»

Aber der Wolf, der am rechten Hinterlauf verletzt ist, konnte nicht zum Techtelmechtel am dunklen Waldrand kommen. Schon am Mittwoch hatten Tierarzt Matthias Matzke und Naturschützer Hans Wunderlich den Wolfsrüden mit einem Narkoseschuss betäubt und in den Eberswalder Zoo gebracht. Die fünf Tage lang währende Romanze mit Xena ist damit zu Ende.

«Ich habe lange überlegt, ob ich helfe, das Tier einzufangen», verrät Tamara Stahl. In ihrem russischen Heimatdorf Terjajowo ist sie selbst mit einem Wolf groß geworden, den der Nachbar hielt. «Ich weiß, welchen Familiensinn Wölfe entwickeln. Da können sich noch viele Menschen ein Beispiel nehmen.»

LiebestreffDeshalb ärgert sich die seit 20 Jahren in Deutschland lebende Lehrerin über die Greuelmärchen von der menschenfressenden Bestie. «Der Wolf tötet nicht ohne Grund.» Naum, der von ihr den Namen ihres Wolfes aus der Kindheit erhielt, habe vermutlich versucht, in der Gegend den Stamm eines neuen Rudels zu legen. «Er war behindert, aber nicht krank. Das Bein muß ihm abgeschossen worden sein, oder er hat es sich selbst abgebissen, weil er in ein Fangeisen geraten ist», vemutet sie. «Wahrscheinlich hat ihn sein altes Rudel irgendwo verstoßen.»

Die Liason mit Xena war vermutlich Naums Rettung. «Irgendwann wäre er wohl erschossen worden.» Denn der Wolf traute sich nicht nur zu seiner Verehrten ins Scheinwerferlicht des Jeeps, mit dem die Familie jeden Tag eine Zehn Kilometer lange Tour unternahm, um Xena den nötigen Auslauf zu verschaffen. Er hatte auch mit einem Rüden aus dem Dorf gekämpft, als der sich Xena zu nähern versuchte.

Und schließlich geht vermutlich ein Kälbchen des Landwirtes Klaus Weißflog auf Naums Konto. «Es wurde vergangene Woche gerissen. Die Spuren und Bisse deuten auf den Wolf hin.»

Bleibt die spannende Frage, ob die Hündin Xena nun Nachwuchs erwartet. Zumal der Familienliebling vermutlich selbst etwas Wolfblut in den Adern hat. Wenn auch aus der dritten oder vierten Generation.

Liebestreff«Xena kommt aus Perleberg. Dort haben die abziehenden russischen Soldaten ihre Hunde einfach im Wald ausgesetzt. Dabei gab es viele Kreuzungen. Auch solche.» Vielleicht hat Xena daher ihr Temperament. «Mit ein paar Schritten Gassi gehen war es bei ihr nie getan. Und wenn sie sich benachteiligt fühlte, gab es einen kleinen Racheakt in unserem Garten», erzählt Tamara Stahl, während die Diva sich brav die Pfote leckt.

Gestern läutete bei Tamara Stahl das Telefon. Die Gesellschaft zum Schutz der Wölfe hatte nichts eiligeres zu tun, als die Hundehalterin einzuschüchtern. Sie dürfe die Welpen keinesfalls behalten, wenn sie mit der Aufzucht von Wölfen nicht vertraut sei. «Müssen diese Leute mir am Telefon Angst machen?», fragt Tamara Stahl empört. Sollte sich wirklich wölfischer Nachwuchs ankündigen, will sie ihn nicht behalten. «So viel Zeit, wie dazu nötig ist, kann ich nicht aufbringen.» Vorsichtshalber hat sie sich deshalb bereits mit Fachleuten vom Landesumweltamt in Verbindung gesetzt.

(Berliner Morgenpost v. 29.1.2000)
(Bilderquelle: MDR-Sendung Brisant v. 1.2.2000)


 
Große Liebe auf sieben Pfoten bleibt ohne Happy End
 
Dreibeiniger Wolf stellte Schäferhündin im Landkreis Oder-Spree nach - Eberswalder Zoo wird Isegrims zweite Heimat

Von unserem Mitarbeiter

Johannes Korn

Ossendorf. Uwe Waweritz traute seinen Augen nicht. Mehr als eine halbe Stunde war Schäferhündin Xena im Wald verschwunden. Als sie endlich wieder auftauchte, kam sie in Begleitung und "verhielt sich wie jemand, der sehr durcheinander ist", erzählt Waweritz' Lebensgefährtin Tamara Stahl. Aber das war nicht Nachbarshund Arco, der um Xena herumstrich. Das war ein Wolf auf drei Beinen. Ein Wolf - nur wenige paar Kilometer von Ossendorf (Oder-Spree) entfernt! Die dreijährige Hündin schien sich höchst gern den Hof machen zu lassen. Saturday-Night-Fever sozusagen.

Auch am Sonntag stellte sich das Gelbauge zum Rendezvous ein. Am Montag und Dienstag ging das Techtelmechtel weiter. Da hatte Naum von Tamara Stahl bereits seinen Namen bekommen.

Risiko eingegangen

"Er ist das Risiko nur eingegangen wegen seiner großen Liebe zu Xena", ist die seit 20 Jahren in Deutschland lebende Russin überzeugt. Doch am Mittwoch begann das Date mit einem Betäubungsschuss vom Tierarzt. Für Naum endete die Reise im Eberswalder Zoo, wo er seinen Rausch ausschlafen konnte. "Besser, als wenn er irgendwann erschossen würde."

Tamara Stahl macht keinen Hehl daraus, dass sie Naum ins Herz geschlossen hat. "Als ich ein kleines Mädchen war, zog der Nachbar in meinem Dorf bei Tula einen Wolf groß. Auch dort war das eine Ausnahme. Mein Vater, der selbst Jäger war, hat mir vieles erklärt. Später habe ich bei Tschingis Aitmatow über Wölfe gelesen. Da wusste ich schon, dass das keine menschenfressenden Bestien sind. "

Im Dorf hingegen wurde das Auftauchen des Dreibeiners mit Skepsis und Sorge beobachtet. Als Arco wirklich versuchte, sich in die Liebschaft zwischen Xena und Naum einzumischen, zog er gegen den Wolf den Kürzeren. "Aber Naum hat ihm eine Chance gegeben. Es wäre ein Leichtes für ihn gewesen, Arco zu zerfetzen." Bei einem Kälbchen zögerte Naum offenbar nicht so lange. Es lag vergangene Woche gerissen auf der Weide. Verzweifelt lief der Bauer durchs Dorf, weil er die Hunde im Verdacht hatte. "Aber solche Bißwunden macht kein Hund", meint Tamara Stahl. Das war auch der Grund, weshalb sie dem Einfangen des Tieres zustimmte. "Naum ist ein starkes, kluges Tier. Er ist nicht krank, nur behindert, und wahrscheinlich wollte er in der Gegend ein neues Rudel gründen."

Immer wieder gelockt

Rührend sei es gewesen, wie er Xena mit Winselrufen immer wieder in den Wald zu locken versuchte. Naum, vermutet sie, könnte irgendwann angeschossen worden oder in ein Fangeisen geraten sein. Ansonsten ist er mit seinen 42 Kilo und 1,69 Länge ein durchaus stattliches Exemplar seiner Art. Vielleicht hat Naum bereits für Nachwuchs gesorgt, doch das werden erst die nächsten Wochen zeigen.
29.01.2000 © Nordkurier-Online 2000

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